Neuanfang

Oft wurde ich gefragt, ob der Anfang in Japan schwer für mich war. Das kann ich nur verneinen. Es war ein Abenteuer, nicht immer ein Zuckerschlecken, aber ich empfand es nicht als Realität des Lebens, als Alltag. Es war eine Ausnahmesituation. Irgendwann wurde es aber zum Alltag. Kochen, Waschen, Bügeln gehörte genauso dazu wie einkaufen und der Verzicht auf deutsche Medien. Ich konnte kein Japanisch. Das erste Wort, das ich in Deutschland gelernt hatte, war „moshi-moshi“. So meldet man sich am Telefon. Ich hatte reichlich Gelegenheit, es zu benutzen, denn mein Mann bekam oft Anrufe aus der Uni. Mit moshi-moshi war dann allerdings, vor allem in den ersten Wochen, Schluss der Verständigung. In dieser Zeit rief ein älterer Kollege meines Mannes an und ich konnte ihn genauso wenig mit einer Auskunft bedienen wie mit den von ihm erwarteten Höflichkeitsfloskeln. Darüber beschwerte er sich am nächsten Tag bei meinem Mann. „Was hätte ich denn sagen sollen?“ fragte ich. „Nun,“antwortete er, „in diesem Fall sagt man: Itsumo osewa ni natte orimasu. Das heißt ungefähr: vielen Dank dass Sie sich immer gut kümmern.“ „Woher hätte ich denn wissen sollen dass er jemand ist, der sich um dich kümmert? Und warum spricht er als Deutschlehrer nicht Deutsch mit mir?“ der Einwand schien mir berechtigt.

Mit dem Satz habe ich mir Anfangs fast die Zunge abgebrochen, aber ich habe ihn gelernt. Nur: ich habe mich immer geweigert ihn anzuwenden. Nicht ein einziges Mal.

Wie man grünen Tee zubereitet

Oft werde ich gefragt, warum die japanischen Teekannen so klein sind. Gibt es keine großen?

Doch, die gibt es, aber nicht für Grüntee. Es gibt andere Teesorten in Japan, die man „für den Durst“ trinkt, z.B. Bancha oder Hojicha. Dafür sind die großen Kannen geeignet.

Für grünen Tee benutzen wir besser eine kleine Kanne. Zwei wichtige Gründe sprechen dafür: die Teeblätter werden mehrfach aufgegossen und der Tee wird nach dem Ziehen sofort komplett in die Schalen gefüllt. Die Teeblätter sollen nicht lange im Wasser schwimmen.

Einen guten Tee sollte man sorgfältig zubereiten. Es lohnt sich. Da die Wassertemperatur oft nur zwischen 60 und 80 Grad betragen soll ist es ratsam, die Gefäße vorzuwärmen.

Man geht folgendermaßen vor: das kochende Wasser gießt man zuerst in die Teekanne, sobald diese angewärmt ist in die bereitgestellten Teeschalen. Einen eventuellen Rest weggießen.

Nun die Teeblätter in die angewärmte Kanne geben. Sobald das Wasser in den Teeschalen auf die angegebene Temperatur heruntergekühlt ist, gießt man es in die Teekanne zurück. Deckel drauf und ziehen lassen. Die meisten Teesorten benötigen eine Ziehzeit zwischen 1 und 2 Minuten, orientieren Sie sich dabei aber bitte an den Angaben auf der Packung. Während der Ziehzeit die Kanne ein paarmal leicht schwenken.

Dann wird der Tee in die Schalen gegossen. Um die Intensität gleichmäßig zu verteilen gießen Sie bitte nur ca. 1/3 der vorgesehenen Menge in die Schale, auf dem „Rückweg“ in umgekehrter Reihenfolge wieder 1/3 und dann den Rest. Die Teekanne muss komplett entleert sein.

Für den zweiten Aufguss ist die Wassertemperatur nicht mehr ganz so entscheidend, die Ziehzeit soll aber sehr kurz gehalten werden. Der Zeitraum vom Absetzen des Heißwasserbehälters bis zum Schließen des Teekannendeckels genügt in der Regel. Einmal kurz schwenken und aufgießen.

Je hochwertiger der Tee, umso mehr Aufgüsse sind möglich. So relativiert sich der höhere Preis wenigstens teilweise durch eine bessere Ausnutzung. Ein guter Grüntee ist ein Hochgenuss, die Zubereitung erfordert eine gewisse Sorgfalt. Eine Zeremonie ist es jedoch nicht.

Shichi-go-san

Shichi-go-san (jap. „Sieben-fünf-drei“) ist in Japan ein Fest für die Kinder dieses Alters, und zwar für fünfjährige Jungen und drei- und siebenjährige Mädchen. Es findet am 15. November statt und wird in ganz Japan gefeiert.

Da es heute die Berufstätigkeit der Familienmitglieder nicht immer zulässt diesen Termin so einzuhalten, verlegt man das Fest auch manchmal auf das Wochenende oder einen Feiertag. Die Kinder werden dann von den Eltern und oft auch von den Großeltern zum Shinto-Schrein begleitet. Zu dieser Gelegenheit tragen sie ihre besten traditionellen Gewänder (u.a. Kimono und Hakama). Am Schrein wird den Göttern für das bisherige Glück gedankt und für die Gesundheit und Sicherheit der Kinder in der Zukunft gebetet. Die Kinder freuen sich natürlich besonders auf die rot-weißen Zuckerstangen, Chitose-ame (wörtlich: „Tausend-Jahre-Bonbons“), die sie dabei bekommen.

Diese Tradition soll auf die Zeit des 5. Shoguns Tsunayoshi zurückgehen. Damals, Ende des 17. Jahrhunderts, beteten die Menschen für die Gesundheit seines ersten Sohnes.

Zu dieser Zeit war es auch üblich, dass den Mädchen ab dem 3. Lebensjahr die Haare nicht mehr kurzgeschnitten wurden, die Jungen trugen mit 5 Jahren ihren ersten Hakama. Bei den Mädchen hingegen zeigte sich der Eintritt in die Erwachsenenwelt dadurch, dass sie ab dem siebten Lebensjahr einen breiten Kimonogürtel trugen wie die Erwachsenen.

Das Ohr vom Brot (Pan no Mimi)

Die Rinde einer Brotscheibe nennt man in Japan „Ohr vom Brot“. Ein seltsamer Name, woher er wohl kommt? Schauen wir mal das Gesicht eines Menschen an, stehen die Ohren am Rand rechts und links des Gesichts. Wie die Rinde bei der Brotscheibe. Und auch bei anderen flachen Sachen wie z.B. Papier oder Futon verwendet man den Ausdruck „Mimi“ für den Rand. Die Ränder bündig legen heißt: Mimi gleichmachen.

In Japan wird gerne Sandwich aus Toastbrot gegessen. Dabei wird meist vorher die Rinde abgeschnitten, das Kaugefühl wird besser, sagen die Japaner. Folglich ist die Rinde ein „Abfallprodukt“, das beim Bäcker in großen Tüten sehr billig oder sogar umsonst angeboten wird. Was macht man damit?

Eine sparsame japanische Hausfrau hat sich dazu etwas einfallen lassen: aus dieser Rinde wird eine Leckerei hergestellt indem man sie frittiert und mit Zucker und Zimt bestreut. Inzwischen gibt es viele Rezepte für die Verwendung dieser Brotrinde. Es gibt sogar ein richtiges Rezeptbuch. Man verwendet sie für Süßigkeiten, Snacks und Beilagen, für Pizzatoast, Gratin, Quiche, Zwiebelsuppe, Schokozwieback, Vanillepuddingkuchen und so weiter. Es heißt, es gebe über 3000 Rezepte zu dem Thema. Man hat den Eindruck, als ob sich irgendjemand täglich ein neues Rezept mit diesem preiswerten Lebensmittel ausdenkt.

Die Japanische Wohnung

Später sollte ich noch mit vielen japanischen Wohnungen Bekanntschaft machen und mich immer wieder wundern, wie Menschen darin leben konnten – und noch dazu offensichtlich glücklich. Aber erst mal stellte sich mir die Frage: wenn das 63 qm sind und die Wohnung meines Bruders in Deutschland, die ich 2 Tage zuvor verlassen hatte, sind 65 qm, wo ist der Rest? Ganz offensichtlich fehlten der japanischen Wohnung einige Quadratmeter, auf mein Augenmaß konnte ich mich verlassen, da war ich sicher. Es dauerte aber einige Zeit bis ich des Rätsels Lösung fand: In Japan legt man bei der Berechnung der Grundfläche das Metermaß sozusagen rund um die Außenmauern. Alles was innerhalb dessen liegt, wird mit gemessen. In Deutschland wird nur der bewohnbare Raum gemessen.

Kulturschock

Ich muss es gleich sagen, ich bin ein Landei. Meine Heimatstadt hatte damals ca. 1200 Einwohner, Tokyo das 10tausend fache. Auf der Fahrt vom Flughafen Narita zu meiner neuen Heimstadt fragte mich mein Schwager, der das Auto fuhr: „Wie findest du Tokyo?“ Ich fand gar nichts, ich war gar nicht fähig, mir eine Meinung zu bilden. Straßen, Autos, Menschen, Häuser in einem Übermaß, wie ich es noch nie gesehen hatte. In diesem Moment war ich mir überhaupt nicht sicher ob ich je lernen würde, die japanische Realität so zu lieben wie meine romantische Vorstellung davon. Ehrlich gesagt, ich war ziemlich besorgt. Dann betrat ich mein neues Heim, eine Wohnung in einem 11stöckigen Haus. Und sagte genau was ich fühlte: „Ach wie niedlich, wie ein Puppenhaus“.

Später hörte ich von der Frau meines Schwagers, dass mein Mann ziemlich schockiert darüber war. Er hatte sich große Mühe gegeben, eine schöne Wohnung für uns zu finden und war sehr stolz darauf. Ich hatte es ja auch gar nicht abwertend gemeint, aber was für ihn eine „große“ Wohnung war, das war für mich eben kaum mehr als Spielhaus-Größe.

Triogami – das Dreiländertreffen, Folge 2

Die Hauptattraktion des Treffens war aber eine Ausstellung antiker chinesischer „kombinierter Schachteln“. In geschlossenem Zustand lässt sich nicht einmal erahnen, was in diesen Schachteln steckt, denn sie sind vollkommen flach und können z.B. als flache Tasche mit sich geführt werden. Öffnet man die einzelnen Motive findet man hinter jedem ein kleines Behältnis. Öffnet man mehrere Motive aus ihrer Mitte heraus, entfaltet sich eine größere Schachtel. In einer unglaublichen Komplexität sind auf diese Weise vielschichtige Modelle mit teilweise mehr als 100 einzelnen Schachteln angelegt, und das auf einer Fläche von etwa der Größe einer aufgeschlagenen Zeitschrift. Die „Zhen Xian Bao“ dienten in der Vergangenheit hauptsächlich der Aufbewahrung von Nähzeug, wurden aber auch für Tabak, Farben und anderes benutzt

Diese außergewöhnliche und einmalige Ausstellung verdanken wir Joan Sallas, Origamifalter und Origamiforscher, der zusammen mit seiner Frau Xiaoxian Huang eine Forschungsreise durch China unternommen hat, um die wenigen, heute noch erhaltenen „Nähkästchen“ aufzuspüren. In einem äußerst interessanten Vortrag erfuhren wir einiges über deren Geschichte. Mit Spannung erwarten wir die Veröffentlichung des geplanten Buchs.

Insgesamt war es ein sehr gelungenes Wochenende. Auf diesem Wege möchte ich mich noch einmal für die Organisation und die hervorragende Bewirtung durch unsere französischen Gastgeber bedanken: merci Pierre, merci Josiane, merci Marie-Noelle.

Triogami – das Dreiländertreffen

Am vergangenen Wochenende fand das diesjährige Dreiländertreffen der Origamifalter in Horbourg-Wihr im Elsaß statt. Über 50 begeisterte Falter aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Frankreich fanden sich zu gemeinsamem Falten und Austausch zusammen.

Eine kleine Ausstellung zeigte die Werke verschiedener Teilnehmer, von Mini-Elefanten über fantastische Käfer und Insekten bis zum Hauptthema der Veranstaltung: Mosaike. Eine Reihe von garantiert kalorienfreien gefalteten Torten und hübschen Rosensträußen rundete die Ausstellung ab.

Fortsetzung folgt …

Ein realer Japaner

Als ich 1979 meinen späteren Mann kennenlernte konfrontierte ich ihn mit diesen Berichten und Nachrichten. „Warum“ fragte ich „lasst ihr es zu, dass eure Städte im Smog ersticken?“ Er winkte ab. „Das sind veraltete Nachrichten, das Problem ist längst gelöst. Im Gegensatz zu Deutschland wird in Japan längst kein Auto ohne Katalysator mehr zugelassen.“ Ob ich das glauben sollte? Auch für meine anderen Fragen hatte ich endlich einen Adressaten. Tragen die Frauen noch Kimono? Isst man tatsächlich rohen Fisch? Sind die Wohnungen in Japan wirklich so klein? Die Antworten machten mich nur noch neugieriger und ein Jahr später traf ich eine meiner folgenschwersten Entscheidungen mit gespannter Erwartung: ich ging mit meinem Mann nach Japan.

Anmerkung: 1973 erließ das neue Amt für Umweltfragen in Tokyo die strengsten Abgasreinigungsvorschriften der Welt und gab der Industrie nur 2 Jahre Zeit zur Umsetzung. Mazda arbeitete schon seit 1965 an der neuen Technologie und 1973 fuhren die Mazda bereits serienmäßig bleifrei und mit Katalysator. Siehe hierzu diesen Link zu einem Spiegel-Artikel:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13509288.html

Fortsetzung folgt …

Papierbesprechung: Kumi Ichimatsu Moyo

Sechs schwarz-weiße Karomuster sind in dieser Packung, die je nach Modell schwungvolle Effekte ergeben. Das Papier ist äußerst angenehm zu falten und sehr gut z.B. für Schachteln und Täschchen geeignet. Fast unnötig zu erwähnen, dass es beim Falten nicht bricht. Mit einem Papiergewicht von 74g/m² liegt es im mittleren Bereich und lässt sich sowohl mit einfarbigem Double Color als auch mit TANT kombinieren.

Und hier ist es erhältlich:

https://origami-papier.eu/Origami-Kumi-Ichimatsu-Moyo-15-cm